Flut zwingt zu Flucht über Fenster - In manchen Orten der Region sorgten am Sonntagabend (04.09.2011) bis zu 80 Liter Regen pro Quadratmeter für überschwemmte Keller und Straßen. Dramatische Szenen in Tagmersheim

Zum zweiten Mal in diesem Sommer hat es am Sonntagabend in einigen Landstrichen rund um Donauwörth derart heftig geregnet, dass zahlreiche Keller überflutet wurden und manche Straßen durch die Wassermassen oder angespültes Geröll blockiert waren. Besonders schlimm erwischte es – wie exakt acht Wochen zuvor – die Gemeinde Oberndorf. „Das war heftig. So etwas habe ich noch nie erlebt“, bilanzierte Manfred Grenzebach, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Oberndorf, gestern. Innerhalb von nicht einmal 30 Minuten seien über 70 Liter pro Quadratmeter gefallen.

Das Unheil in Form einer Gewitterfront zog gegen 20.30 Uhr über Nordschwaben auf. Bis gegen 21 Uhr luden die dunklen Wolken derart viel Wasser ab, dass es in einigen Orten buchstäblich „Land unter“ hieß. „Die Kanalisation hat die Wassermenge einfach nicht mehr gefasst“, so Grenzebach. Die Folgen in Oberndorf und Eggelstetten: In den Rohren staute sich das Wasser und drückte in die Gebäude, an denen keine Rückstauklappe installiert ist. Aber auch über offene und geschlossene Fenster sowie über Türen ergossen sich die Fluten in viele Keller. „Da brannte fast in jedem Haus das Licht“, beschreibt Grenzebach die Szenerie.

Dem Vernehmen nach stand das Wasser bis zu einen halben Meter hoch in den Anwesen. In über 30 Fällen kam die Feuerwehr zu Hilfe. Unterstützung erhielten die Oberndorfer von der Wehr aus Münster. Die rückte mit ihrer großen Schlammwasserpumpe an und schaffte Schmutzwasser aus der verstopften Kanalisation in einen Tanklastzug. Dieser wurde dann an der Kläranlage wieder entleert.

Dass Unheil droht, hatte Grenzebach eineinhalb Stunden vor dem Gewitter über eine Unwetterwarnung erfahren: „Da war noch von 50 Litern verteilt über zwei Stunden die Rede.“ Dann sei es aber doch mehr geworden.

„Es war der Wahnsinn“ – so fasst Zweite Bürgermeisterin Eva Münsinger die Ereignisse in der Gemeinde Tagmersheim zusammen. Dort sei in kürzester Zeit die fast unfassbare Menge von 80 Liter Regen pro Quadratmeter niedergegangen. Für beinahe dramatische Szenen sorgte dies im Bereich des Freibads. Im über wenige Stufen zugänglichen Keller des Gebäudes befindet sich das Jugendzentrum. Dort hielten sich etwa zehn junge Leute auf. Die fanden Eva Münsinger zufolge den Regen im ersten Moment noch „lustig“ – bis plötzlich die Fluten, die über Feldwege aus Richtung Blossenau kamen, durch die geschlossene Tür ins Gebäude drangen. Als den Besuchern das Wasser bis über die Knie stand, stiegen sie über ein Fenster ins Freie: „Sie trauten sich nicht, die Tür zu öffnen, um nicht noch mehr Wasser reinzulassen.“

Am Ende waren die Räume etwa 1,60 Meter hoch überschwemmt. So erwischte es auch einen Musiker, der einen Teil des Kellers für Schlagzeugunterricht angemietet hat. „Die gesamte Ausstattung – Instrumente und elektronische Geräte – sind zerstört“, schildert die Vize-Bürgermeisterin.

Der Schaden dürfte allein hier etwa 30000 Euro betragen. Ungefähr die gleiche Summe werde nötig sein, um die Einrichtung des Juzes zu erneuern. Noch unklar sei, inwieweit die Technik des Freibads (dieses ist auch wegen der Witterung ab sofort geschlossen) in Mitleidenschaft gezogen wurde.

Im Bereich der Baustelle im Tagmersheimer Ortszentrum, in der Siedlung am südlichen Rand des Dorfs sowie in Blossenau ergossen sich die Fluten ebenfalls in einige Keller. Die Feuerwehr half, wo sie konnte.

Allein in Bäumenheim etwa 100 Häuser betroffen
Eine stressige Nacht hatten auch zahlreiche Menschen in Bäumenheim. Christian Dommer, Kommandant der Freiwillige Feuerwehr, schätzt, dass dort in den Kellern von circa 100 Häusern das Wasser stand. Glücklicherweise besäßen viele Besitzer Pumpen und hätten sich auf diese Weise selbst helfen können. Dennoch gab es für die Feuerwehr insgesamt 33 Pumpeinsätze – vornehmlich im Bereich der Goethestraße und des Josef-Dunau-Ring.

„Bis zu 55 Liter in einer halben Stunde – es hat einfach zu viel geregnet“, so Dommer. Weil immer mehr Anrufe bei der Feuerwehr eingingen, bat diese gegen 22.30 Uhr die Kameraden aus Hamlar und Mertingen um Unterstützung. Die Mertinger hatten zuvor selbst etwa ein halbes Dutzend Einsätze bewältigt.

35-mal rückte die Feuerwehr in Rain aus, um das Wasser aus Kellern zu pumpen. Wenn die Räume nur wenige Zentimeter hoch überschwemmt seien, könnten die Einsatzkräfte mit ihren Tauchpumpen nichts ausrichten, stellte Kreisbrandmeister Manfred Riegel klar: „Manche Leute meinen, wir kommen auch zum Rausputzen.“ Wenigstens hatte die Rainer Wehr genügend Kapazitäten, um die Kollegen in Genderkingen zu unterstützen. Dort registrierte die Feuerwehr rund 15 Einsätze. Etwas weniger waren es in Feldheim, wo mancher Hausbesitzer im Keller ebenfalls nasse Füße bekam.

Einige Kilometer weiter nördlich hatten die Feuerwehren in Marxheim, Gansheim und Graisbach mächtig zu tun. Kreisbrandmeister Andreas Dußmann spricht von „sintflutartigen Regenfällen“, soll heißen: 60 bis 70 Liter pro Quadratmeter. Keller liefen voll und Geröll behinderte den Verkehr unter anderem auf der Donautalstraße zwischen Marxheim und Lechsend sowie auf der Kreisstraße zwischen Marxheim und Schweinspoint.

In der Donauwörther Parkstadt beschädigten die Sturzbäche die Dr.-Loeffellad-Straße, sodass diese gesperrt werden musste. Bereits heute soll eine Baufirma zur Reparatur anrücken, erklärte gestern Konrad Nagl, Leiter des Ordnungsamts.

 

Pressebericht aus der Donauwörther-Zeitung vom  06.09.11. Bericht von Wolfgang Widemann.